2019.05.05 Ortsteilwanderung nach Baach

Lehrreiche Wanderung in und um den Zwiefalter Ortststeil Baach

von Heinz Thumm

Zwiefalten – Der Albverein Zwiefalten hat es sich zur Aufgabe gemacht die Zwiefalter Ortsteile näher kennenzulernen. Nach Upflamör und Gauingen war in diesem Jahr Baach an der Reihe. „Wir wollen etwas für die Gemeinschaft tun“ stellte Obmann Peter Weckenmann bei der Begrüßung im Rental das Ziel vor. Das Interesse war groß: in zwei Gruppen zogen fast 50 wetterfeste Wanderer über die Fluren und trafen sich im Teilort Baach zum gemeinsamen Abschluss.

In der Klosterzeit (1089 – 1803) profitierte Baach von dem geschlossenen Klosterbereich durch die Ansiedlung zahlreicher Handwerker. Folgende Berufe wurden aufgezählt: 2 Bäcker, 1 Schmied, 3 Maurer, 2 Metzger, 2 Hafner, 2 Schneider, 2 Zimmerleute, 1 Sattler, 1 Seiler, 1 Wagner. Um 1900 war die Einwohnerzahl mit am über 300 Bürgern mit am höchsten. In über 80 Haushalten, darunter bis zu 50 Bauersfamilien war der Ort stark landwirtschaftlich geprägt. Nach einem deutlichen Rückgang sind in den letzten Jahren die Einwohnerzahlen, vor allem durch junge Familien, wieder angestiegen und liegen aktuell wieder bei 270.

Die erste Gruppe wurde von Josef Ott angeführt. Als langjähriger Gemeinderat (1994 – 2009) überraschte er die Wanderer im ersten Teil mit einem Marsch auf der Markungsgrenze. In flottem Schritt wurde der Galgenberg erreicht. Auf dem dortigen Spielplatz zeigte Ott mehrere alte Grenzsteine mit den Initialen „Z“ und „B“, die auf „Zwiefalten“ und „Baach“ gedeutet wurden.

Unmittelbar hinter dem Höhenfreibad führte der Weg weiter vorbei an der Erddeponie bis auf die Höhe am Bühlhof. Dort hatten die Wanderer immerhin 150 Höhenmeter vom Rental aus erklommen. Von hier aus führte der „Mochentaler Weg“ – auch „Prälatenweg“ genannt voller geschichtlichen Erinnerungen in Richtung Emerberg. Durch frisch grüne Buchenwälder und auf dem „Oberschwäbischen Pilgerweg“ erreichten die Wanderer bald den „Wikerstein“.

Der Rundblick von der Peterskapelle am Waldrand des Emerberges über das Aachtal wurde dann zum Höhepunkt der Wanderung. Das „Peterskäppele“ wurde von einer Familie Diem als Pestkapelle gespendet und ist der Heiligen Maria geweiht. Die Kapelle ist von weit her einzusehen und deshalb viel besucht.

Der Blick in Richtung Norden geht über das Ganstal und den Schneckengarten in Richtung Otterbrunnen. Dort entspringen drei Quellen, welche in kleinen Bächen in Richtung Baach wasserführend sind. Am Gegenhang liegt der Schlossberg mit der Burg Ried (erstmals 1088 urkundlich erwähnt) vor dem Teutschbuch. In südlicher Richtung geht der Blick über den „Wislinger Esch“. Oberhalb der Kläranlage liegt der größte Bullenmastbetrieb in der Region mit über 2000 Tieren und einer großen Biogasanlage.

Früher lagen im Blickfeld mehrere kleine Ortschaften und Siedlungen; bekannt sind: Steingart, Breitenfeld, Wislingen und Brunnen. Durch Pest und in schlechten Zeiten sind die Orte wieder untergegangen.

Im Talgrund gut vom Berghang aus zu erkennen steht das frühere Baacher Armen- und Siechenhaus, das 1606/08 vom damaligen Kloster Zwiefalten erbaut wurde. 2001 wurde das ehrwürdige Gebäude von der Gemeinde Zwiefalten verkauft an Familie Auchter und erfolgreich in eine viel besuchte Radlerherberge umgebaut.

Im Tal verläuft die Zwiefalter Aach, diese wurde 1825 begradigt. Später mussten die im Tal liegende Grundstücke alle drainiert werden. Friedlich liegt in südlicher Richtung der Ortsteil Attenhöfen mit seiner privaten Kapelle. Attenhöfen gehört seit alters her zu Baach.

Steil den Berg hinab wurde dann die Ortschaft Baach erreicht und das Neubaugebiet Brühlwiesen durchwandert. Unter der Führung von Georg Treß hatte sich die zweite Wandergruppe nach Abschluss der Maiandacht im Zwiefalter Münster auf den Weg gemacht und war entlang dem Aachtal nach Baach gezogen. Bei der historischen Öl- und Lohmühle am „Wäschbächle“ trafen sich dann beide Wandergruppen zur weiteren gemeinsamen Führung.

Öl- und Lohmühle Baach

Die Mühle wurde durch Wasserkraft des Ganstalbächles betrieben. Es wurde Leinöl gewonnen und Lohblüten gemahlen. Dadurch wurde Material für die noch um 1825 laufenden zwei Gerbereien zur Verfügung. In einer Rot- und einer Weißgerberei wurden Häute und Felle unterschiedlicher Art bearbeitet.

Das romantische Gebäude mit einer eindrucksvollen Gartenanlage wurde vor Jahren an private Besitzer verkauft und ist ein echtes Schmuckstück im Gansbachtäle.

Auf dem Weg zur Ortsmitte mit dem Dorfbrunnen und der doppelgesichtigen Madonna wurde gerne und dankbar eine kurze Pause eingelegt, um am Wegesrand eine kleine Schnapsprobe zu genießen. Bei fast winterlichen Temperaturen freuten sich alle Teilnehmer über die Abwechslung und Stärkung durch die Familie Herbert Ott.

Gleich nebenan in einem sehenswerten Fachwerkhaus war zu Klosterzeiten im Untergeschoss die Badstube des Klosters enthalten. Im Hof des Hauses fand später der Vorgänger des nachfolgenden Juxmarktes am Rosenmontag statt. Teilnehmer berichteten, dass im Laufe des Tages im ganzen Haus gefeierte wurde. Und auch Altbürgermeister Karl Ragg erzählte, dass gegen Abend meist eine Kuh vorgeführt wurde. Der Bürgermeister, die örtliche Hebamme und weitere Honoratioren wurden auf die Kuh gesetzt und wurden auf der Kuh reitend im Reigen geführt.

Bis zum 31. Dezember 1979 war im gegenüberliegenden Gebäude die örtliche Molkerei untergebracht. Alle landwirtschaftlichen Betriebe haben dort am Abend die Milch angeliefert. Das war natürlich auch ein lustiges abendliches Treffen der Dorfjugend. Mit lautem „Hallo“ kamen die Fahrzeuge mit den Milchkannen angefahren, zum Teil wurden dafür auch kleine Leiterwagen verwendet. Je nach Mut des einzelnen Fahrers saßen diese auf dem Wagen, lenkten mit den Füßen und fuhren schwungvoll an der Molkerei vor – manchmal auch von Milch verspritzt.

Im traditionellen Gasthof Mohren wurde die Wanderung für kurze Zeit unterbrochen und dort gemeinsam Kaffee getrunken und hausgemachte Kuchen verspeist. Währenddessen erzählte Josef Ott die Geschichte des alten Wirtshauses. Von 1730 bis 1948 war dies eine Brauerei. Das Obergeschoss des Gasthofs und auch mehrere benachbarte Gebäude weisen in den Balken zahlreiche Zapfenlöcher vor. Experten erkannten das Holz wieder als Holzbalken der früheren romanischen Pfarrkirche, die kurz vor dem Bau des Zwiefalter Münsters (1688) beim Abbruch der dreischiffigen, kreuzförmigen, romanischen Pfeilerbasilika mit Vorhalle verkauft wurden.

Auch das alte Baacher Back- und Rathaus (erbaut 1856) fand Erwähnung als heutige „soziale Einrichtung“ und vielfach genutztes Backhaus. Ein herzliches „Dankeschön“ sprach Peter Weckenmann, Obmann des Albvereins an die heutigen Wanderführer Josef Ott, Georg Treß und Hermann Schmid aus, die viel Wissenswertes aus der Geschichte und Entwicklung des Dorfes Baach vortragen konnten.

Die auffällig nach Süden ins Tal gerichtete Baacher Stephanuskapelle (erbaut 1668) wurde dann noch von Josef Ott mit ihren Besonderheiten beschrieben und erläutert. Danach wurde die großartige Ortsführung mit einigen Marienliedern abgeschlossen und noch in der Abendsonne der Rundblick über den kleinen aber feinen Ort „Baach“ genossen.